Der Krieg ist da! Das, was ich, was wir alle hier nicht wollten, wo wir gehofft, demonstriert und gebetet haben, dass es nicht eintreten möge, ist heute zur bitteren Wahrheit für die Menschen im Irak geworden. Um 3 Uhr früh fielen die ersten Bomben auf Bagdad.
Ich stehe hier als bekennender Christ, der im Glauben an den einen Gott des Lebens und des Friedens verzweifelt an der menschenverachtenden Politik einer Riege von Machthabern, die den Tod von Tausenden in Kauf nehmen, um ihre Interessen durchzusetzen.
Die Christinnen und Christen in unserem Land haben mit großer Sorge die Vorbereitungen auf diesen Krieg beobachtet. Wir stehen auch weiterhin zu unserem Nein. Denn "Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein."
Und wir sagen auch nein zu allen Bemühungen, diesen Krieg religiös zu rechtfertigen. Möge sich George W. Busch auch zu einem göttlichen Auftrag berufen sehen, er ist zu einem Handlanger des Bösen geworden.
Auch diesmal wieder, wie schon im 1. Golfkrieg und auch bei den Bombardierungen Afghanistans spricht der Zynismus der us-amerikanischen Kriegspropaganda von einem sauberen Krieg, geführt mit präzisen Waffen, die Mensch und Material schonen sollen. Doch es gibt keinen sauberen Krieg. Auch diesmal werden wir - wie immer wohl erst im Nachhinein - über das wahre Ausmaß an Verlusten von Menschenleben zu hören bekommen. Mögens es Tausende oder Hunderte sein. Jeder einzelne ist einer zuviel.
Ich stehe hier auch als Mitglied des "Gelsenkirchener Bündnisses gegen den Irak-Krieg". Wie andere Friedensgruppen und -initiativen in unserer Stadt hat sich dieses überparteiliche und unabhängige Bündnis in den letzten Tagen und Monaten für eine breite öffentliche Diskussion der Kriegsbedrohung und deren Folgen nicht nur für den Irak, sondern für die gesamte Völkergemeinschaft eingesetzt.
War jetzt aber, wo es doch Krieg gibt, alles umsonst? Hat die weltweite und auch unserer eigene Friedensbewegung versagt? Macht es überhaupt noch einen Sinn, sich gegen diese übermächtige und bornierte Gewalt der kriegstreibenden Kräfte hier und anderswo aufzulehnen, wenn diejenigen, die die politische, wirtschaftliche und militärische Macht in den Händen halten, über alle Proteste hinweg ihren schmutzigen Krieg unbeirrt führen?
Natürlich nicht. Wir haben gezeigt, dass wir alle sensibel und wach genug sind, zu erkennen, wie wichtig der gemeinsame Protest ist. Und wie wichtig es ist, gerade jetzt nicht darin nachzulassen. Unsere Aufgabe hier und anderswo ist noch nicht beendet.
Und wir sind nicht allein. Wir haben starke Partner, weltweit. Zur Zeit ist einer dieser Partner auch unsere Regierung, von der wir fordern, dass sie weiterhin auf ihrem eingeschlagen Anti-Kriegs-Kurs bleibt.
Aber unserer Forderung an diese Adresse geht noch weiter: Wir verlangen von der Bundesregierung auch, dass sie ihre indirekte Unterstützung dieses Krieges unterlässt. Wir fordern den Rückzug der AWACS aus der Türkei. Wir fordern die Verweigerung von Flug- und Transportrechten für die US-Militärbasen auf deutschem Boden.
Unser Widerstand muss weiter gehen. Dem Versuch den Präventivkrieges als probates und legitimes Mittel zur Durchsetzung politischer wie ökonomischer Ziele auf Dauer neu zu etablieren, muss entgegengetreten werden. Der politische Kurs des Unilaterismus ist eine ebenso große, wenn nicht gar größere Bedrohung für Frieden, Demokratie, Wahrung der Menschenrechte und die Schaffung von globaler Gerechtigkeit, wie der Versuch einzelner Diktaturen und terroristischer Gruppen, mit Bedrohungsszenarien den mühsamen Weg der Völker hin zu einer auf Frieden ausgerichteten Weltgemeinschaft zu torpedieren.
Tragfähige Grundsteine für diesen Widerstand sind schon gelegt. Quer durch alle Kirchen, ihren Organisationen und Jugendverbänden, quer durch Parteien, Gewerkschaften und den Verbänden der Wohlfahrtspflege hat sich der Protest formiert. Gruppen wie das Gelsenkirchener Bündnisses gegen den Irak-Krieg, das Gelsenkirchener Friedensforum, aber auch andere Friedensinitiativen und Eltern- wie Schüler-Aktionen an den Schulen unserer Stadt zeigen die breite Basis auf, auf der wir stehen. Und alle aktiven Gruppen laden jede einzelne und jeden einzelnen heute hier ein, sich ihnen anzuschließen.
Setzen wir uns weiter ein für das globale Ziel aller Politik: der Suche nach einem gerechten Frieden für alle Völker dieser Erde.
Der Gott des Friedens segne die Menschen seines Wohlgefallens.
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