SCHEIDEWEGE - Wendepunkte des Ichs

Malerei von Felix Zdziuch

Begrüßung und Einführung zur Ausstellung - 27. Mai 2004 - 19 Uhr - Bleckkirche


 

Liebe Gäste, ich begrüße Sie alle recht herzlich hier in der Bleckkirche zur Eröffnung unserer diesjährigen Pfingstausstellung mit Arbeiten des Gelsenkirchener Künstlers Felix Zdziuch.

Ein kleines Jubiläum ist heute damit verbunden, denn es handelt sich um die 25. Kunstausstellung, die seit dem Beginn des Projektes "Kunst- und Kulturraum Bleckkirche" im Herbst 1996 hier stattfindet. Damit weist sich die Bleckkirche - ich hoffe Sie verzeihen mir dieses Eigenlob - einmal mehr als ein unverzichtbarer Ort aus, der die Vermittlung von Kunst und Kultur in die Lebenswelt unserer Stadt hineinträgt.

Und so freue ich mich, dass wir dieses Jubiläum heute hier mit Arbeiten eines Künstlers begehen können, die in sehr exemplarischer Weise für unseren Kunst- und Kulturort stehen.

Zum einen sahen wir es ja bisher immer als eine besondere Aufgabe an, heimischen Künstlern ein Forum für die Präsentation ihrer Arbeit zu geben. Bekannte Namen waren darunter ebenso, wie Debütanten der Szene. Doch letztlich kam es in erster Linie nie auf die Person an, sondern immer auf das, was gezeigt wurde.

Für die Künstler und Künstlerinnen selbst bot die Bleckkirche darüber hinaus immer auch die Möglichkeit, sich einem Publikum zu präsentieren, dass in der Mehrheit eher selten wie gar nicht in Galerien und Museen zu finden ist.

Zum anderen sollten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst hier in diesem Sakralraum immer auch eine Verbindung schaffen, zwischen dem allgemein Religiösen und dem kulturellen Schaffen einzelner. Eine Verbindung, die zumindest anklingen lässt, wofür beide in unserer Gesellschaft stehen bzw. stehen könnten: der Vermittlung des Unverfügbaren.

Religion und Kunst sprechen vielfach die gleiche Sprache. Zumindest da, wo sich beide als Medium der Suche nach der Transzendierung unserer Lebenswirklichkeiten begreifen, sich der zunehmenden Funktionalisierung der menschlichen Existenz durch die Ökonomisierung aller unserer Lebensbereiche entgegenstellen und sich der Frage nach der Beziehung zwischen dem Menschlichen und dem Göttlichen jenseits aller kommerziellen Verwertbarkeit stellen. Schon längst ist die Wiedergewinnung unserer spirituellen Existenz zu einer politischen Aufgabe geworden, in der sich Religion und Kunst die Hände reichen könnten, wenn sie denn wollten.

Wenn sie denn wollten. Und gerade hier ist Vorsicht geboten. In dem milliardenschweren Kulturbetrieb zeitgenössischer Prägung zählt der Event und das leicht Konsumierbare ja bekanntlich mehr, als der ernsthafte Versuch, sinnstiftend tätig zu werden. Ebenso bewegen sich die Kirchen auf das Ziel einer Light-Religion zu, die weit entfernt von dem ist, wofür der Nazarener sein Leben hat geben müssen.

Nun will ich nicht missverstanden werden. Nicht alle Kunst und alle Religion müssen in allen ihren Lebensäußerungen das hehre Ziel der Sinnstiftung verfolgen. Das Ästhetische hat gegenüber dem Ethischen durchaus seine eigene Wertigkeit, ebenso wie die Alltagsreligion nicht nur aus ihrem prophetischen Auftrag heraus lebt.

Aber gerade in einer Zeit, in der der überwiegende Anteil der zeitgenössischen Kunst nichts anderes als Kunstgewerbe ist, um den Markt der Bücher und Galerien zu bedienen, oder der heutigen Gesellschaft gar mit einer aggressiven Gleichgültigkeit begegnet, bedarf es hin und wieder des Blicks auf das unverstellte Proprium künstlerischen Schaffens.

Nämlich der Welt einen Spiegel vorzuhalten, in der sie sich jenseits des unmittelbar Erfahrbaren wiederzuerkennen und einen gangbaren Weg zwischen den wechselseitigen Gefühlen von Resonanz und Distanz zur eigenen Lebenswirklichkeit zu finden vermag.

Dafür steht diese Ausstellung, die wir heute hier eröffnen. In den Arbeiten von Felix Zdziuch dokumentiert sich in besonderem Maße der Versuch, Sinnhorizonte aufzuschließen und der Frage nach dem eigenen Weg zwischen Resonanz- und Distanzerfahrung nachzuspüren. Trotz aller Individualität des Ausgedrückten spiegelt sich in seinen Arbeiten der Standpunkt des Einzelnen im gesellschaftlichen Kontext.

Dem Betrachter allerdings wird es damit nicht unbedingt leichter gemacht. Wie sich im Religiösen der Anspruch auf den ganzen Menschen richtet, dem dieser sich nur zu gerne zu entziehen sucht, so macht die Kunst das Leben für den, der sich darauf einlässt nicht einfacher, eher schwieriger. Sie verkompliziert das Alltägliche im Dasein und konfrontiert uns auf oft schmerzliche Weise mit den Widersprüchen unserer Realität. Und so bleibt auch für Sie heute Abend die Entschlüsselung der Zdziuch'schen Bildsprache die eigentliche Aufgabe.

Zunächst nun aber lade ich Sie jetzt herzlich ein, dem Al Capella Chor "Ruhrpot(t)pourri" zu lauschen. Im Anschluss daran wird sich Ihnen Studienrätin Frau Birgit Schweers mit einigen einführenden Worten zu Werk und Person von Felix Zdziuch zuwenden.

Allen beteiligten Akteuren und Akteurinnen dieses Abends spreche ich meinen Dank dafür aus, dass Sie zur Mitgestaltung heute beitragen.

Bedanken will ich mich vor allem aber bei Ihnen für Ihr Kommen und Ihr Interesse an der Ausstellung. Ich wünsche uns allen einen angenehmen und gesprächsreichen Abend.